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Ein Film über Hannah Arendt und warum

Editorial Team

Kino

Das Licht, das Hannah Arendt durch ihre Werke in die Welt gebracht hat, strahlt noch. Und es wird sogar heller. Immer mehr Menschen berufen sich auf sie: zu einer Zeit, wo viele andere sich noch einer Ideologie verpflichtet fühlten, hielt sie sich nur an ihre eigene…

 

 

…Anschauung und Erkenntnis. Als ich 1983 einen Film über Rosa Luxemburg machen wollte, war ich überzeugt, sie sei die wichtigste Frau und Denkerin des 20sten Jahrhunderts gewesen, und ich war neugierig zu begreifen, was für eine Frau sich hinter der Kämpferin und Revolutionärin verbarg.


Für uns heute, am Beginn des 21sten Jahrhunderts, ist sicherlich Hannah Arendt die Wichtigere, Weitblickende, viele ihrer Gedanken werden heute erst verstanden und aufgegriffen. Für den Begriff von der „Banalität des Bösen“ z.B., den sie für ihren Bericht über den Eichmann-Prozess geprägt hat, ist sie zunächst scharf angegriffen und sogar angefeindet worden, heute taucht er immer wieder auf, wenn es um die Beurteilung von Naziverbrechen geht.

 

 

 

Und wieder hat mich die Frau interessiert, die sich hinter der unabhängigen Denkerin verbirgt. Sie ist in Deutschland geboren und in New York gestorben. Was hat sie dorthin gebracht? Als Jüdin ist sie nicht freiwillig aus Deutschland fort gegangen, und wie in anderen meiner Filme stellt sich auch hier die Frage: wie verhält sich ein Mensch, wenn er historischen und gesellschaftlichen Ereignissen und Bedingungen ausgesetzt ist, die er nicht beeinflussen kann?

Sie hätte, wie so viele andere Juden, ein Opfer des Nationalsozialismus werden können. Aber sie erkennt die Gefahr und flieht rechtzeitig aus Deutschland nach Paris und gelangt über Marseille und Lissabon nach New York, zusätzlich enttäuscht von den Freunden, die sich an die „neue Zeit“ anpassen, denen, wie sie in einem Interview einmal sagte, „zu Hitler etwas einfiel“.

 

Das Exil wird ihr „zweites Erwachen“. Vorher, als sie noch bei Martin Heidegger studierte, war sie nur am reinen Denken interessiert, plötzlich muss sie sich der Welt stellen – und sie stellt sich der Vergangenheit, indem sie sich mit dem konfrontiert, der für viele den millionenfachen Mord an den Juden repräsentiert: Adolf Eichmann.

 

Hannah Arendt Kinostart: 10. Januar 2013

 

 

 

 

Um dem Film die nötige Tiefe zu geben und der Konfrontation dem zum Verständnis nötigen erzählerischen Raum zuzubilligen, haben wir uns auf jene Phase ihres Lebens konzentriert, in der sich die Lebenswege von Arendt und Eichmann kreuzen.

Die kompromisslose und unangepasste Denkerin stößt auf den gefügigen Bürokraten, der aus einer Mischung aus Gehorsam und Gedankenlosigkeit Millionen Menschen in die Gaskammern transportierte. Die Beschränkung auf jene Jahre zwischen der Ergreifung Eichmanns und der Veröffentlichung ihres Buches „Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen“ hat uns außerdem erlaubt, Hannah Arendt als Person, als Frau, als Liebende, als Freundin intensiver wahrzunehmen.

 

 

In Rückblenden wird ihre Liebesgeschichte zu Martin Heidegger erzählt, von dem sie – obwohl er der nationalsozialistischen Partei beigetreten ist – nicht los kommt. Ebenso haben wir mehr Zeit, um ihr Leben in New York zu beschreiben: mit ihrem Mann Heinrich Blücher, den sie in Paris im Exil kennengelernt hat, und mit ihren deutschen und amerikanischen Freunden, wie zum Beispiel die Autorin Mary McCarthy oder den Philosophen Hans Jonas.

 

 

 

Es ist ein Film geworden, der Hannah Arendt zwischen Denken und Fühlen zeigt; als leidenschaftliche Denkerin und als Professorin; als Frau, die zu lebenslangen Freundschaften fähig ist – manche haben sie als „Genie der Freundschaft“ gepriesen – aber auch als kämpferische Person, die keine Auseinandersetzung scheut, die, wenn sie etwas als richtig erkannt hat, es mutig vertritt und verteidigt, aber immer mit der Absicht zu verstehen.

 

 

 

 

 

„Ich will verstehen“, ist der Satz, der sie vielleicht am besten beschreibt. Gerade in diesem Punkt verspüre ich eine große Nähe zu ihr und der Art und Weise, wie sie auf die Menschen und die Welt blickt. Ich wollte nie urteilen, sondern immer nur verstehen. In diesem Film will ich verstehen, was Hannah Arendt über Totalitarismus denkt und den moralischen Zusammenbruch im letzten Jahrhundert, über Selbstbestimmung, Entscheidungsfreiheit, über das Böse und über die Liebe. Und ich wünschte mir, dass zusammen mit mir auch die Zuschauer begreifen, warum es lohnt, an diese Frau zu erinnern.

Der Schlüssel zum Verständnis ihres Lebens liegt in ihrem Wunsch, sich eine Haltung zu bewahren, die sie selbst „amor mundi“ genannt hat, die „Liebe zur Welt“. Ihr Glaube an die Macht des Subjekts, das der Geschichte eben nicht hilflos gegenüber steht, auch wenn es die Erfahrung der Verletzbarkeit und des Fremdseins gemacht hat, macht sie für mich zu der außergewöhnlichen Frau, deren „Licht noch heute leuchtet“.

 

 

Eine Frau, die lieben kann und geliebt wird. Und die denkt „ohne Geländer“. Der Film basiert nicht allein auf Recherchen schriftlicher und audiovisueller Quellen in amerikanischen Archiven; um uns einen möglichst authentischen Eindruck von ihrer Persönlichkeit zu machen, haben wir aus

 

 

 

 

Hannah Arendts Denken veränderte die Welt

 

Interview mit Regisseurin Margarethe von Trotta

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