Nicht nur ein Pokal von Unter Ferner Liefen

Editorial Team

„Nicht nur ein Pokal“ ist eine unter dem Eindruck des Sommermärchens 2006 entstandene Fußballhymne. Unmittelbar im Anschluss an das friedliche Fanfest des Schweden-Deutschland-Spiels komponiert, schrieb sich das Lied laut Urheber Wolfgang Schrödl (Unter Ferner Liefen) quasi wie von selbst.

 

 

Entwaffnend unironisch mit ehrlichem, fast naivem Pathos unterscheidet es sich von den meisten anderen Fußball-Liedern. Während diese in der Regel Partystimmung und die Abgrenzung der eigenen Nation gegenüber anderen zum Inhalt haben, ist „Nicht nur ein Pokal“ eine Hommage an die Überwindung nationaler Begrenztheit – mittels des Sports, der Grenzen überwinden kann und Menschen verbindet wie kein zweiter.

 

 

So verstanden hat das u.a. auch Detlev Buck, der dieses Lied deshalb als wichtigen musikalischen Anker für seinen Fußballfilm „23 Tage“ zur EM-Retrospektive 2008 gewählt hat. Unter Ferner Liefen veröffentlicht nun passend zum kommenden Fußballereignis in Polen und der Ukraine diese ungewöhnliche Single, einige Monate vor dem Release ihres Debütalbums im Oktober 2012.

 

„Mädchen wollen tanzen und wir eigentlich auch. Jedenfalls sehen wir das ganz gern“, sagten sich die vier alten Freunde und musikalischen Weggefährten Wolfgang Schrödl, Stefan Schulte-Holthaus (beide Ex-Liquido), Wolf Hecker und Sven Rickert, als sie 2008 das Bandprojekt Unter Ferner Liefen aus der Taufe hoben. Mit unterschiedlichem Werdegang und trotz anderer Lebensmittelpunkte von Berlin über Stuttgart bis München, blieb man sich über all die Jahre seit der Jugend freundschaftlich verbunden und machte sich leidenschaftlich an die Kompositionen und Aufnahmearbeit.

 

 

 

 

Also alle musikästhetischen Scheuklappen über Bord, und aus Indiepop, Retro, Elektro und groovenden Beats entstand ein neuer und selbst im internationalen Vergleich eigenständiger Stil. Deshalb verwundert es auch nicht, dass ausgerechnet das in Prag ansässige Label „Brainzone Records“ auf die deutschsprachige Band aufmerksam wurde und sie im Frühjahr 2012 unter Vertrag nahm. Im Vertrieb von Roughtrade wird im Herbst dieses Jahres in Deutschland, Österreich und der Schweiz das vielversprechende Debüt auf den Markt kommen.

 

Kreativ und zielstrebig arbeitete die Band an dessen Fertigstellung. In verschiedenen Etappen entwickelte man die Songs über den entspannt langen Zeitraum, den man in der Regel eben nur für sein Erstlingswerk zur Verfügung hat. Dazu tat man sich u.a. mit dem Produzenten Olaf Opal (Juli, The Notwist, Ich & Ich, Madsen etc.), mit dem Wolfgang und Stefan schon zu Liquido-Zeiten erfolgreich gearbeitetet hatten, zusammen und finalisierte das Debüt in verschiedenen Studios in Berlin und Bochum.

 

Das Resultat dieser gemeinsamen Arbeit unterstreicht, was die Jungs von Unter Ferner Liefen so lange zusammengehalten hat: Ein Händchen für erwachsenen Pop, der sowohl tanzbar als auch von authentischer Emotionalität ist – und sich angenehm von den Befindlichkeitslyrikern im gegenwärtigen Deutschpop unterscheidet. Schlagzeuger Stefan bringt die Songs auf ungewöhnliche Spielweise zum grooven. Technisch versiert versteht er es, den Grat zwischen ausdrucksvollem Trommeln und songwriter-dienlichem Spiel zu gehen und so die Songs auf den Punkt zu bringen.

 

 

 

Bassist Wolf entlockt seinem Fünfsaiter swingende und melodische Lines, und sein plektronfreies Fingerpicking gibt dem Ganzen Halt und seinen individuellen Anstrich. Die eingängigen Kompositionen werden von Gitarrist Sven einerseits perfekt in Szene gesetzt, aber vor allem mit genau den Ecken und Kanten versehen, die den Hörer erst irritieren können und dann auf Repeat drücken lassen.

Die Texte, hauptsächlich aus der Feder des Sängers Wolfgang, zeugen von einem reifen Songwriting, das von einigen Jahren Erfahrung im Musikzirkus aber vor allem einem Blick über den Tellerrand hinaus zeugt. Beobachtend, in unaufdringlicher Sprache, manchmal selbstironisch und doch mit einer Ernsthaftigkeit, die dem tiefen Timbre seiner Stimme gut zu Gesicht steht. Unter Ferner Liefen haben etwas zu sagen, und es lohnt sich zuzuhören.

www.unterfernerliefen.net

 

 

VÖ: 22.06.2012