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Interview: Jet Carbonilla, Model & Kulturanthropologin

Editorial Team

Hübsch, sexy, intelligent, engagiert, erfolgreich und vergeben. Jet Carbonilla, gebürtig von den Philippinen, verkörpert die Schönheit Asiens, die Disziplin Deutschlands und soziales Engagement ohne Allüren.

Nomen est omen, wenn man ihren Namen hört. Nur so lässt es sich erklären, dass Jet, das Multitalent und die Durchstarterin, es geschafft hat, erfolgreich als Model bei einer Düsseldorfer Agentur zu arbeiten, Erfahrungen in der Medienbranche zu machen, ihr Studium der Kulturanthropologie abzuschließen, in New York zu heiraten und sich in sozialen Brennpunkten zu engagieren.

Aus dem Leben eines Multitalents erzählt sie uns, wie sie Privates, Berufliches und ihre Selbstverwirklichung unter einen Hut bringt.

Ihr nächstes Ziel ist es, sich intensiver in den Bereichen Migration und Integration zu beschäftigen. Bereits heute engagiert sie sich ehrenamtlich für migrantische Jugendliche und gibt Nachhilfestunden, damit sie ihren Schulabschluss schaffen und setzt sich für Bedürftige ein, die täglich um ihr Essen kämpfen müssen und noch vieles mehr.

{mosimage}fashiony.de: Hallo Georgette, gratuliere zum Diplom der Kulturanthropologie. Was macht genau eine Kulturanthropologin?

Georgette:
Die Frage wird mir natürlich dauernd gestellt. Und sie ist schwer zu beantworten, denn Kulturanthropologen machen alles Mögliche. Im Wesentlichen geht es aber immer um den Menschen und um Kultur.

fashiony.de: Warum hast Du ausgerechnet dieses Studiengang gewählt?

Georgette:
Kulturanthropologie beschäftigt sich mit vielen modernen und interessanten Themen: Jugendkultur, Migration, Stadtforschung, Medien usw. Das hat mich einfach fasziniert. Und dann gibt es da natürlich auch noch die „Feldforschung“. Dabei habe ich viele tolle Menschen kennen gelernt und in andere Welten reinschauen dürfen.

fashiony.de: Solch ein Studium ist bestimmt sehr kostspielig, Seminare, Bücher, Lehrveranstaltungen, Studiengebühren. Wie hast Du Dein Studium finanziert?

Georgette:
Studieren ist tatsächlich ganz schön teuer geworden und mir tun vor allem die jetzigen Studenten Leid, die sich auch noch mit Studiengebühren herumschlagen müssen.
Da ich von Anfang an alles selber finanzieren musste, habe ich zum Teil mehrere Jobs auf einmal gemacht, morgens saß ich im Büro, nachmittags an der Uni und abends war ich dann Barkeeperin.

Am Wochenende habe ich außerdem noch manchmal Promotionjobs gemacht. Klar hätte ich BAFöG beantragen können, aber ich hatte ehrlich gesagt keine Lust auf die ganze Bürokratie. Es war schon ganz schön anstrengend, aber irgendwie ist man am Ende doch sehr stolz auf sich.

{mosimage}fashiony.de: Wie bist Du zum Modeln gekommen?

Georgette: Die Idee zum Modeln kam auf, als ich mir Gedanken um meine bevorstehende Magisterarbeit machen musste. Während man so eine Arbeit macht, kann man ja nicht auch noch 3 Jobs machen. Also überlegte ich was ich noch machen könnte, um Geld zu verdienen und für die Magisterzeit zu sparen. Dann machte mein damaliger Freund und jetziger Mann den Vorschlag, es doch mal mit Modeln zu versuchen. Naja, dann habe ich’s einfach mal ausprobiert.

fashiony.de: Was ist Dein Fachgebiet als Model, Fotoshootings, Laufsteg?

Georgette: Mit meinem Aussehen bin ich vielseitig einsetzbar. Vor allem aber bin ich für die Kunden so etwas wie eine Universalasiatin. Häufig muss ich also klischeehaft die teetrinkende, mit Stäbchen essende oder in Yoga-Lotussitz posierende Chinesin spielen.
Gerne werde ich auch gefragt, ob ich denn nicht japanisch oder kantonesisch sprechen kann. Das wird immer wieder gebraucht für Spots in denen asiatische Touristen darzustellen sind.
Ich finde es übrigens auch gar nicht schlimm, Klischees zu bedienen, aber ich staune schon manchmal, wie sich einige Menschen in diesem Land „Asiaten“ vorstellen.  Zum Glück darf ich aber auch ‚normale’ Jobs machen.
Ansonsten habe ich eigentlich kein Fachgebiet. Models sollten sowohl auf dem Laufsteg, in Fotoshoots, in Film-Spots oder als Hostessen bei Messen usw. eine gute Arbeit abliefern.
Am liebsten mag ich aber Fotoshootings, weil man erstens danach tolle Bilder von sich bekommt und zweitens die Crews meistens supernett sind.

fashiony.de: Wo fanden Deine aufregenden Shootings statt?

Georgette: Spannend sind sie irgendwie alle, es kommt auch viel auf die Leute an mit denen man zusammen arbeitet. Klar, Ausland ist immer aufregend, z.B. hatte ich mal ein Shooting in Südafrika.
Aber trotzdem hatte ich auch schon genauso abenteuerliche Jobs in Pottenhausen gehabt. Es kommt wirklich auf das Zusammenspiel und die Stimmung der Crew auf dem Set an.

{mosimage}fashiony.de: Welche Modemetropolen hast Du bereits besucht?

Georgette: Da ich ja eine große Städte-Fanatikerin bin, mache ich auch am liebsten in den Metropolen Urlaub. New York ist mein absoluter Favorite: die ganze Stadt ist so stylish, sogar die dreckigste Ecke in Manhattan sieht noch cool aus. Paris ist  wunderbar! Ich finde, dass man dort übrigens die schönsten Frauen in der U-Bahn sieht.
Anders in London: dort sind die Girls nicht so hübsch wie in Paris, dafür aber 1000 Mal witziger. Und die Stadt ist super urban und hat ihren eigenen Style. Mailand hingegen finde ich, abgesehen vom leckeren Essen, furchtbar.
Dafür sind Italiener aber sehr elegant gekleidete Menschen. Rom finde ich im Vergleich schon interessanter, zählt aber nicht als Modemetropole. Ach, dann wäre da noch Barcelona. Wenn man sich manche unfreundliche Katalanen wegdenkt, ist die Stadt in Sachen Style der Hammer.
Was aber momentan modemäßig auch interessant ist: Berlin.

{mosimage}fashiony.de: Kannst Du den Trend bestätigen, magere, unterernährte Models nicht zu beschäftigen?

Georgette: Wenn diese Mädels nicht beschäftigt werden, wovon sollen die denn Essen kaufen?
Nee ehrlich: ich denke, dass Mager-Models nicht schön sind. Obwohl die Modebranche oft seltsame Schönheitsideale propagiert, finde ich es trotzdem unfair, dass sie meistens für Essstörungen verantwortlich gemacht wird.
Bei Essstörungen spielen auch andere Faktoren mit, die so gut wie nie erwähnt werden, weil es einfach zu komplex wäre. Außerdem finde ich Übergewicht ein viel größeres Problem, da es z.B. in unserer westlichen Gesellschaft immer mehr Betroffene gibt.
Da werden ja die Lebensmittelindustrie und die Werbung so gut wie gar nicht zur Rede gestellt.   

fashiony.de: Wie bereitest Du Dich auf die Shootings vor, eine bestimmte Diät, Workout?

Georgette: Da ich nicht mehr oft dazu komme, regelmäßig Sport zu machen, habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht abends vor dem Fernseher meine Sit-Ups und so was wie ein kleines Workout zu machen.
Ich esse auch vor bestimmten Shootings weniger oder sehr fettarm. Nach den Shootings gönne ich mir aber am liebsten erst mal einen Braten… mit Semmelknödeln.

{mosimage}fashiony.de: Mit welchen Fotografen hast Du bereits gearbeitet?

Georgette: Mit Helmut Newton, Richard Avedon und Annie Leibovitz noch nicht, aber die Fotografen/innen, mit den ich schon das Vergnügen hatte sind mal mindestens genau so gut. 

fashiony.de: Als Model musst Du auf Kommando Emotionen zeigen und ausleben können. Wie schwer ist es, grad wenn Du mal morgens mit dem falschen Fuß aufgestanden bist?

Georgette: Ich denke, dass man in allen Berufen, egal ob nun als Kanzlerin oder Pförtner, eine gute Performance machen sollte.
So ist es auch mit modeln. Natürlich war ich schon auf einigen Shootings mies gelaunt gewesen, trotzdem sollte es einem Model nicht schwer fallen seinen Job richtig zu machen, man wird ja schließlich dafür bezahlt, um vor der Kamera agieren zu können.  

fashiony.de: Gibt es wirklich diesen Zickenkrieg unter den Models?

Georgette: Zickenkrieg gibt’s wahrscheinlich nur bei Germany’s Next Topmodel – aber vermutlich auch nur für die Einschaltquote. Also ich habe auf Jobs immer mit netten und wirklich witzigen Mädchen gearbeitet.

fashiony.de: Deutschland ist Dank Heidi Klum im Modelfieber. Wie ist Deine Meinung zu Germany’s Next Top Model?

Georgette: Das ist eine beknackte Sendung, die dadurch erfolgreich ist, dass  einmal in der Woche der Neid auf junge hübsche Mädchen in Schadenfreude umgewandelt werden kann.
Die tun mir ganz schön Leid, weil die sich andauern zum Affen machen lassen müssen. Ist doch schrecklich, wenn Dich jemand vor aller Welt als „Giraffenmädchen, das nicht laufen kann“ bezeichnet. Den Ruf wirst du später ja nie wieder los!
Und was das Modelfieber angeht: das gab’s auch schon vor Klums Sendung. Genauer gesagt seit den 1990er Jahren, als plötzlich die „Supermodels“ auftauchten. 

{mosimage}fashiony.de: Wieso bist Du nicht in der Medienbranche geblieben?

Georgette: Ich habe während des Studiums in einigen PR-Agenturen und einer Filmproduktion gearbeitet, um erstens Geld zu verdienen und zweitens mal zu schauen, ob die Branche überhaupt was für mich wäre.
Da habe ich unheimlich viel gelernt, viele interessante Sachen erlebt und schon auch ’ne Menge Spaß gehabt. Trotzdem hatte ich mir schon immer gewünscht im karitativen oder sozialen und kulturellen Bereich zu arbeiten.

fashiony.de: Du engagierst Dich stark in der Migration und Intergration. Dieser Bereich beinhaltet eine große Anzahl kontroverser Debatten wie Asyl, Aussiedlerpolitik, Jugendgewalt. Woher kommt Dein Einsatz und Interesse?

Georgette: Ich denke, dass man als Migrantin zu solchen Themen einen näheren Bezug hat. Schon als Kind war ich mit den typischen Migrantenproblemen konfrontiert, wie z.B. meine Eltern bei Behördengänge zu begleiten oder ihnen deutsche Briefe zu übersetzen.
Aber auch der Konflikt den man dann mit der Herkunftskultur und der deutschen Kultur hat kenne ich gut.
Außerdem hatte es mich schon immer gewundert, warum es in unserer Politik, in öffentlichen Ämtern, in Bildungseinrichtungen oder auch in den Medien so wenige Migranten gibt? Wo bleiben die Vorbilder? Migrantische Vorbilder gibt es nur in der Musikbranche. Das ist zwar gut aber doch etwas zu einseitig.

{mosimage}fashiony.de: Wie sieht Deine berufliche Zukunft aus?

Georgette: Meine nächste Station wird erst einmal das Amt für Multikulturelle Angelegenheiten in Frankfurt sein, die kümmern sich um das kulturelle Zusammenleben verschiedener Völker in Frankfurt.
Dort werde ich ein kurzes Praktikum absolvieren. Was danach kommt kann ich noch nicht sagen. Aber mein größter Traum wäre ein integratives Projekt anbieten zu können, in dem Migranten anderen Migranten helfen, z.B. in Bildungs-, Berufs- oder kulturellen Fragen.    

fashiony.de: Zu guter Letzt. Was ist Dein Lieblingswort?

Georgette: Das ändert sich jede Woche. Diese Woche ist es „vierzigjähriger Berufsteenager“, so hatte der Spiegel den MTV Moderator Markus Kavka bezeichnet.

fashiony.de: Dein Lieblingsort?

Georgette: Manhattan, New York.

fashiony.de: Deine Tipps und Ratschläge für die Leser, insbesonders für Jugendlichen?

Georgette: Für die Jugend: Macht Euren Abschluss. Für alle anderen: „It’s not brain surgery.“

fashiony.de: Dein aktueller und heißester Modetipp für die Saison?

Georgette: Mainstream-mäßig wird es sehr bunt und nicht jedem/jeder stehen. Mein persönlicher Modetipp sind aber große nerd-artige Hornbrillen. Und außerdem mein absoluter Favorite für die warmen Tage: kurze Overalls. Sind lässig und hot!