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Die Leiden eines Leichtmatrosen

Editorial Team

Die Sache ist ja die: kaum hält der Sommer Einzug in die Stadt, wird auch aus der lethargischsten Couch-Königin eine unternehmungslustige Party-Prinzessin. Somit auch aus mir. Was, im Nachhinein betrachtet, wohl auch der Grund für meine überstürzte Zusage zu dem in unserer Stadt monatlich ablegenden „Party-Schiff“ war. Genau genommen sind Schiffe nämlich gar nicht so mein Ding. Geschweige denn die Fortbewegung auf ihnen. Aber da meine Prüfungen gerade vorbei waren, die Sonne so schön schien und ich sowieso nicht wusste, was ich mit meiner vielen freien Zeit anfangen sollte, sagte ich begeistert zu, als eine Freundin mich auf das „Austropop-Party-Schiff“ einlud.

 

(An diejenigen unter euch, denen die Musikrichtung „Austropop“ (Österreich-Pop) nichts sagt: macht euch nichts draus. Ihr habt nichts verpasst. Und das von mir, einer Wahl-Österreicherin.)

 

Die erste Stunde war noch relativ angenehm, beschienen von der untergehenden Abendsonne tuckerten wir über das Wasser und blickten dem Ausflug durchaus positiv entgegen. Bald darauf waren uns allerdings zwei Dinge klar. Erstens: man gewöhnt sich mit der Zeit leider nicht an die Austropop-Musik, im Gegenteil: der Nerv-Faktor erhöhte sich stündlich. Und zweitens: hat das Schiff erstmal abgelegt, ist man darauf für den Rest des Abends gefangen. Hätte ich jeden Club schon längst fluchtartig verlassen, so war mir dies auf dem Schiff leider nicht möglich. Mir blieb also nur übrig, mich meinem Schicksal zu fügen. So bootsuntauglich ich nämlich auch sein mag, mindestens genau so unsportlich bin ich auch, weshalb zurück schwimmen keine wirkliche Alternative für mich darstellte.

 

Als ich dann nach einiger Zeit auch noch leicht seekrank wurde, war der Abend für mich komplett gelaufen. Die Kollision mit einem Eisberg hätte mich nicht mehr schockieren können, als der regelmäßige Blick auf meine Uhr und die damit verbundene Feststellung, dass ich noch viele Stunden auf dem Schiff würde zubringen müssen. Unverständlicherweise schienen meine Mit-Matrosen die unsägliche Musik nach einiger Zeit durchaus als tanztauglich zu empfinden und wankten und schwankten fröhlich über Deck. Einige bewegten sich so exzessiv am Rand der Tanzfläche, dass ich oftmals fürchtete, sie würden gleich über Bord gehen. Glücklicherweise geschah dies natürlich nicht.

So fuhren wir also durch die Nacht, die funkelnden Discolichter erleuchteten den Himmel, über uns die Sterne und unter uns das tiefe, dunkle Wasser. Eigentlich eine sehr schöne Erfahrung, wären die Begleitumstände anders gewesen.

 

Sollte es also irgendwann mal ein Partyschiff geben, auf dem tolle Musik gespielt wird und das währenddessen nicht ablegt, sondern im Hafen an Ort und Stelle verankert bleibt, so bin ich mit Sicherheit der erste Mitternachts-Matrose der an Bord geht!