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Vielleicht ein wenig verrückt – aber wahnsinnig gut!

Editorial Team

New York in den frühen 60er Jahren: Die Werbebranche ist noch eine Goldgrube und ein kleiner Seitensprung am Arbeitsplatz gehört wie der Whiskey zum guten Ton. Don Draper ist Ende 30…

 

…und erfolgreicher Creative Director in der Werbeagentur Sterling Cooper. Als einer der selbsternannten „Mad Men“, wie sich die Werbeleute aus der Madison Avenue nennen, konnte er mit seinen herausragenden Fähigkeiten als Texter bereits den ein oder anderen Coup landen. Ein Mann mit Prinzipien, der die Schmierenkomödie der egozentrischen Werbebranche perfekt beherrscht.

 

Nach der Arbeit pflegt der umtriebige Werbestar diverse Affären, während seine bezaubernde Ehefrau Betty als Hausfrau und Mutter die familiäre Vorstadtidylle aufrechterhält. Das Leben könnte so schön sein, wären da nicht eine Hand voll unerfreulicher Widrigkeiten, die Draper das hart erkämpfte Leben in der Upperclass zu versalzen drohen. Während überambitionierte Nachwuchskräfte, wie der skrupellose Pete Campbell, unerschütterlich an seinem Stuhl sägen, buhlt die Konkurrenz um die Gunst der Kundschaft. Und dann ist da noch die eigene Vergangenheit, die drauf und dran ist, die mühsam errichtete Fassade des nonchalanten Werbestars zum Einsturz zu bringen.


www.neo.zdf.de

 

Eine elegante Lounge. Ein attraktiver, adrett gekleideter Mann sitzt seinem weiblichen Pendant gegenüber. Zwischen Drinks und Zigaretten sagt er ihr unverblümt ins Gesicht, „Was sie unter Liebe verstehen, wurde von Leuten wie mir erfunden, um Nylons zu verkaufen.“ Man könnte annehmen dieser Mann spinnt, aber eigentlich ist er einfach nur ein „Mad Men“. Der Titel der US-Serie „Mad Men“ bezeichnet keinesfalls eine Bande von Verrückten, sondern ist der Name, den sich in den 60ern die kreativen Werbeleute der New Yorker Madison Avenue selbst gegeben haben. Jon Hamm verkörpert in dieser Serie, die in den frühen 60er Jahren spielt, meisterhaft die Figur des Don Draper: Werbegenie, eloquenter Egomane, Betrüger, Womanizer, Hedonist und Familienvater – vor allem aber ist er die Hauptfigur der vielfach preisgekrönten US-Serie „Mad Men“, die ZDF neo ab 6.Oktober, mittwochs um 22.30 Uhr, als deutsche Free-TV-Premiere zeigt.

Die von „Die Sopranos“-Autor und -Produzent Matthew Weiner erdachte und drei Jahre in Folge mit dem Golden Globe in der Kategorie „Best Television Series – Drama“ ausgezeichnete US-Serie „Mad Men“ verspricht intelligente und kurzweilige Unterhaltung mit Tiefgang. „Mad Men“ glänzt mit gut recherchierten und dramaturgisch wie visuell exzellent aufgebauten und inszenierten Geschichten sowie facettenreichen Figuren, deren Geheimnisse sich dem Zuschauer erst nach und nach erschließen. Dabei gelang es Weiner ein bemerkenswertes Schauspielerensemble zu versammeln, das aus guten Gründen drei Jahre in Folge von der Schauspielergewerkschaft mit dem Screen-Actors-Guild-Award für „Outstanding Performance by an Ensemble in a Drama Series“ geehrt wurde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Durch Detailgenauigkeit bei der Auswahl der Requisiten, der Gestaltung des Bühnenbilds, der Kostüme und der Darstellung der sozialen und kulturellen Phänomene der frühen 60er Jahre erlaubt uns „Mad Men“ einen Einblick in die Vergangenheit. Gleichzeitig werden die gesellschaftlichen Veränderungen dieses Jahrzehnts sowie die zukünftigen Erfindungen und Konventionen augenzwinkernd vorweg genommen. Trotz der detailverliebten Präsentation der 60er Jahre wirkt die Ästhetik der Serie keinesfalls altbacken – im Gegenteil. Der hochwertige Look ist so zeitgemäß, dass die Serie inspirierend auf die Mode und Popkultur wirkt.

 

 

Eucalyptus – Get the Mad Men Look

Auf den Catwalks in Paris, Mailand und New York werden Kleider und Kostüme vorgestellt, die auch Don Drapers Ehefrau Betty hätte tragen können. Der unverwechselbare 37sekündige Vorspann, der 2008 mit dem Emmy für das „Outstanding Main Title Design“ ausgezeichnet wurde und einen im Scherenschnitt dargestellten Geschäftsmann, vielleicht sogar Don Draper, zeigt, der den Boden unter den Füßen verliert, wird von den „Simpsons“ zitiert und auch in einem Sketch der US-Version der „Sesamstraße“ tauchen die „Mad Men“ als übellaunige, fast verrückte Geschäftsleute auf.

In der selbstreferenziellen Medienwelt sind diese Repliken der ultimative Ritterschlag. Die Serie repräsentiert eine Zeit, in der die klassischen Männer- und Frauenrollen noch selbstverständlich erscheinen: „Sieht kompliziert aus, aber die Männer haben sie so einfach entworfen, dass auch eine Frau sie bedienen kann“, sagt die Büromanagerin Joan zu der neuen Sekretärin Peggy und hebt die Schutzhülle einer damals hochmodernen elektrischen Schreibmaschine ab. Doch nur weil sie stereotypisch als Hausfrauen und Mütter, als Sekretärinnen oder Geliebte gezeigt werden, sind die Frauen in „Mad Men“ nicht unwichtiger oder gar uninteressanter als die Werbetexter, Grafiker und Agenturchefs. Neben Don Draper sind die weiblichen Figuren die eigentlichen Stars der Serie. Da wäre Christina Hendricks als sexy Büromanagerin Joan Holloway mit ihren feuerroten Haaren. Sie hat begriffen, dass sie ihre derzeitige Stellung in der Gesellschaft allein nicht ändern kann. Es sind schließlich genau jene Männer, die in ihr nur das Sexobjekt sehen, die Joan für ihre persönlichen Ziele instrumentalisiert.

 

Saubere Perfektion bestimmte den Look

Interview mit Diplom-Modegrafikerin und ZDF-Stylistin Ute Penz

Sie hat die Männerwelt durchschaut, die noch nicht einmal ahnt, wie leicht durchschaubar sie ist: „Er tut so, als ob er eine Sekretärin braucht, aber die meiste Zeit will er eigentlich eine Mischung aus Mutter und Kellnerin und die restliche Zeit, nun ja“, erklärt Joan wissend Dons neuer Sekretärin Peggy Olson, bevor sie sich süffisant ihre Zigarette in den Mund steckt. Die kreative Peggy indes setzt auf eine andere Strategie und beweist im Verlauf der ersten Staffel der bis dato mit neun Emmys ausgezeichneten Serie, dass sie zu weitaus mehr in der Lage ist, als nur zu tippen. Und doch repräsentieren die „Mad Men“ und „Mad Women“ der Serie nur in Teilen die Welt von gestern. Sie stehen für ein Suchen und Getriebensein, das auch heute nur allzu gegenwärtig ist.